Dresdener-Strasse--Mit-offenem-Blick

Mit offenem Blick | Açık bakışla

Erinnerungskultur neu denken

In unserem Projekt haben wir Mi­grant* innen in Berlin, die den Mauerfall und die Vereinigung erlebt hat­ten, zu ihren Erlebnissen interviewt, um diese Leerstelle selbst zu füllen. Die Motivation entstand aus der Erkenntnis, Geschichte auch selbst schreiben zu können und nicht warten zu müssen, bis staatliche oder kul­turelle Institutionen sich des Themas annehmen – es stattdessen selbst zu organisieren.

Als Initiatorinnen dieser Recherche bringen wir einen Binnenblick auf das Geschehen mit. Wir sind als Jugendliche nach West-Berlin ge­kommen, haben die Mauer und ihren Fall miterlebt, die 90er Jahre in Berlin zwischen Studium, politischem Aktivismus und Nachtleben ver­bracht. Kreuzberg und seine bewegte Geschichte war immer die Kulisse unseres Alltags. Kreuzberg bedeutet nicht nur Hausbesetzungen, radikale 1.Mai Demonstration oder Vorzeige-Multi-Kulti-Bezirk, sondern auch migrantisches Leben seit den 1960er Jahren.

 

Der Mauerfall hat Kreuzberg und seine Bewohner* innen tiefgreifend verändert. Der ungeliebte Rand der Stadt wurde zur beliebten Mitte und die Veränderungen, die ihren Ursprung in dieser Zeit haben, sind bis heute zu spüren. Die erzählten Erfahrungen von Migrant* innen fehlen im Kanon der Erinnerungskultur zum Mauerfall.

In den von uns geführten Interviews kommen politische Genoss*innen, Freunde von Freunden und Bekannte zu Wort, die in Kreuzberg ge­boren und aufgewachsen sind oder die hier gelebt haben. Unser Anliegen war, ein mehr subjektives als wissenschaftlich-soziologisches Projekt zu initiieren. Entsprechend sind auch unsere eigenen Erfahrungen in die Fragen eingeflossen. Die Gespräche sind von unseren Fragen nach An­kunft in Deutschland, Alltag in Berlin, politischer Erfahrung, aber auch Mauerfall, Wendezeit und Rassismus getrieben und lassen den Interview­partner*innen Raum eigene Themen anzusprechen. Die Interviews wur­den auf Video ausgezeichnet.

Die Macherinnen

Interviews

 

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Erinnern stören. Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive

Erinnern Storen-Buchcover-Mit offenem Blick

Für das Buch «Erinnern stören», herausgegeben von Lydia Lierke und Massimo Perinelli- erschienen im Verbrecherverlag, haben wir einen Text über unser Projekt beigetragen.

Die Publikation sowie das gleichnamige Webprojekt versammelt einige der zahllosen Stimmen, die im gewaltvollen Transformationsprozess der deutsch-deutschen Vereinigung für unerwünscht erklärt und an den Rand gedrängt wurden, die zum Schweigen gebracht werden sollten und sich dennoch unwiderruflich als postmigrantische Gesellschaft in die Geschichte eingeschrieben haben.

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